Life Science Nord: Praktische Unterstützung für Unternehmen, die sich in neue Märkte bewegen wollen
- CIIPA
- 22. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 6 Tagen
Transkript Interview Oliver Schacht, Life Science Nord, vom 23.12.24
Oliver Schacht, PhD - Geschäftsführer/Life Science Nord Management GmbH

Welche Bedeutung haben die Unternehmen Ihres Clusters für die Wirtschaft im Norden Deutschlands?
Wir zählen in der föderalen Struktur der Bundesrepublik nicht weniger als 35 Biotech- und LifeScience-Cluster. Unser Cluster erstreckt sich auf die beiden Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein. Hier haben wir einen signifikanten ökonomischen Fußabdruck mit 500 bis 600 Firmen und Organisationen im Bereich Life Science - von der Biotechnologie über Pharma bis hin zur Medizintechnik. Dazu zählen Industriefirmen genauso wie wissenschaftliche Institutionen. Das sind gut 55.000 direkte Arbeitsplätze und eine Bruttowertschöpfung von knapp 6 Milliarden Euro - gemessen vor zwei Jahren und seither wohl weiter gewachsen. Es passt dazu, dass jüngst zum ersten Mal in 30 Jahren ein deutscher Bundeskanzler die Biotechnologie als strategisch für die Volkswirtschaft bezeichnet hat. Es hat länger für die Erkenntnis gebraucht, dass Auto und Maschinenbau langfristig für das Wachstum nicht ausreichen. Life Science ist ein extrem spannendes Wachstumssegment.
"Wir agieren hier im Norden übergreifend für Biotech, Pharma und Medizintechnik."
Wie unterscheidet sich das LSN-Cluster von anderen?
Uns unterscheidet von vielen Clustern in Deutschland, dass wir hier übergreifend für Biotoech, Pharma und die Industrie in der Medizintechnik agieren. Eine Stärke sind die Forschungskooperationen, wo wir über eine sehr große Breite von exzellenten Einrichtungen verfügen wie Fraunhofer, Helmholtz oder das Deutsch Elektronen-Synchrotron DESY. Wir können junge Startups mit familiengeführten Industrieunternehmen vernetzen, die mehr als hundert Jahre Erfahrung in der Medizintechnik haben. Dieser besondere Mix unter den Akteuren macht unsere Stärke aus und hat auch mich persönlich gereizt, im September diese Aufgabe der Vernetzung und des Austauschs im Cluster zu übernehmen.
Welche Rolle spielen Förderprogramme und Kapitalmarkt für die Entwicklung des Clusters?
Es gibt sehr wichtige und langfristig spannende Forschungsförderprgramme, Programme der Bundesministierien wie etwa Go Bio oder EXIST. Das ist alles prima: Die Politik auf Bundes- und Landesebene muss aber auch für gute Rahmenbedingungen sorgen, die Industrie und Investoren ermutigen, in unserem Bereich zu investieren. Es geht nicht alleine darum, öffentliches Geld in die Branche zu holen. Wir müssen Impulse geben, die privates Kapital mobilisieren. Gerade die Spitzenunternehmen brauchen keine Finanzhilfen, sondern Planungssicherheit. Mit wem immer man in der Branche spricht: Immer fällt das Stichwort Bürokratieabbau. Beispiel Fachhkräfterekrutierung, Anerkennung internationaler Abschlüsse - hier müssen wir schneller und besser werden.
"International sind persönliche Kontakte nicht zu ersetzen."
Welche Aufgaben stellen sich im Cluster bei der Internationalisierung?
Wir haben da durchaus sehr unterschiedliche Aufgaben. Wir schleusen Start-ups gezielt durch unser Projekt Go-to-Market. Für das kooperieren wir auch mit Partnern in Europa, den USA, Japan und China. Wir vermitteln kleinen Unternehmen Kontakte vor Ort, helfen bei der Suche nach Distributoren, nach Partnern für klinische Studien und bei den regulatorischen Zulassungen. Wir treten gemeinsam durchaus mit breiter Brust unter gemeinsamer Flagge auf Gemeinschaftsständen auf den Weltmessen und - events der Branche auf, wie jetzt gerade zum 18. Mal in Folge auf der Arab Health in Dubai. Hier haben wir auch lokale Partnerschaften aufgebaut.
Auch in China haben wir wichtige Partnerschaften wie mit dem 761 C-Space, eine Cluster- Organisation im Großraum Peking, in der eine unvorstellbar große Zahl von Firmen, aber auch Flächen und Räume verfügbar sind. Das sind über die Jahre gewachsene Kooperationsprojekte, die uns sehr helfen, eine gemeinsame Basis und praktische Unterstützung für Unternehmen zu finden, die sich in unseren beiden Ländern in neue Märkte bewegen wollen. Wenn wir ehrlich sind, ist das in den letzten Jahren nicht leichter geworden. Diese kaum ersetzbaren persönlichen Kontakte versuchen wir, auf Delegationsreisen, in Veranstaltungen und persönlichen Gesprächen zu halten.
Welche Rolle spielen Kooperationen mit China in diesem Zusammenhang?
Bei allen Diskussionen um das sehr komplexe Thema der technologischen Souveränität Europas, der Absicherung und Diversifizierung von Lieferketten und bei allen Schwierigkeiten, die es in der Regulatorik gibt, gilt eines: Wir müssen auch bei den Lieferketten Wege finden, dass in harten Zeiten nicht jeder nur an sich denkt. Eine Erfahrung von Covid ist, dass Partnerschaften nicht nur für Schönwetterzeiten wichtig sind. In einer Branche mit Innovationszyklen über 10, 15, 20 Jahre hinweg müssen wir über Legislaturperioden hinaus langfristige Vertrauensverhältnisse aufbauen. Statt eine sehr deutsche Antwort mit sehr viel Bürokratie zu geben, muss man die unbestreitbaren Probleme sehr viel pragmatischer angehen. Wir müssen Win-Win-Situationen schaffen, wo es für beide Seiten ökonomisch und strategisch Sinn macht, zusammenzuarbeiten. Nur diese Partnerschaften sind tragfähig. China ist in vielen Bereichen längst herausgewachsen aus der Lieferantenrolle. 2030 In der Medizintechnik oder bei AI führend zu sein, war ein strategisches Ziel Chinas, das wohl auch erreicht wird. Also geht hier für uns vielmehr auch um strategische Kooperationen. Wir müssen schauen, dass wir unsere Hausaufgaben machen, um attraktive Partner auf Augenhöhe zu bleiben.
Interview geführt von Hans Gäng, local global GmbH
Weitere Interviews aus dem CIIPA-Jahresbericht 2024/2025 finden Sie hier: https://www.ciipa.de/ciipa-jahresreport-2024-2025
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